Die unerträgliche Schwierigkeit des Tresorknackens
Inspektor Knut Peterhans hatte in seinem Leben schon einiges gesehen. Einmal blieb ein Einbrecher in einem Aufzug stecken. Ein anderes Mal wurde ein Dieb auf frischer Tat von einer erstaunlich aggressiven Hausgans gestellt. Und auch der Langfinger, der im Eifer des Gefechts eine Tasche mit seinem Handy und seinem Personalausweis am Tatort zurückliess, war dem Inspektor in bester Erinnerung geblieben. Doch der Anblick, der sich ihm und seinen Kollegen im Juweliergeschäft von Felix Wunderlich bot, überraschte selbst einen altgedienten Kriminalbeamten wie Knut Peterhans.
***
Die Polizei war nicht zum ersten Mal bei Juwelier Wunderlich, abgesehen von einem kleinen Zwischenfall mit einem Taschendieb waren es jedoch immer nur Kontrollbesuche. Doch nun war mitten in der Nacht der stille Alarm des Tresors ausgelöst worden. Die Beamten waren rasch vor Ort und schlichen beinahe lautlos durch die Verkaufsräumlichkeiten. Als sie an der Tür zum Hinterzimmer ankamen, in welchem der Tresor stand, war für Knut Peterhans sofort klar, dass hier ein absoluter Profi am Werk war, so präzis und fachmännisch war die Tür aufgebrochen worden. Vorsichtig schob er sie ein Stück weit auf und spähte in den Raum. Ein ungewohntes Licht liess ihn zurückschrecken, und erst nach mehrmaligem Blinzeln erkannte er, dass eine Art Baustellenleuchte im Hinterzimmer stand, die skurrile Schatten an die Wand warf. Als er die Tür mit dem Lauf seiner Pistole ganz aufstiess, eröffnete sich ihm das komplette Bild – und was für eines.
Das kleine Hinterzimmer war übersät mit allerlei Dingen und Undingen. Hohe Gasflaschen, ein grosser Hammer, zwei schwarze Taschen, dazu unzählige Werkzeuge und seltsame Gerätschaften. Mittendrin jedoch hockte das grösste Unding von allen auf dem Boden: ein Mann, ganz in Schwarz gekleidet, mit einer Kapuze über dem Kopf. Im ersten Moment hatte Peterhans den Eindruck, der Mann schlafe tief und fest. Doch dann hörte er ihn leise murmeln.
«Keine Bewegung!» sagte Knut Peterhans mit bestimmter Stimme und war mit drei langen Schritten beim Mann, der jedoch keine Anstalten machen, sich zur Wehr zu setzen. Peterhans schob sich einen Zahnstocher zwischen die Zähne. Seit er mit dem Rauchen aufgehört hatte, waren die hölzernen Zahnstocher seine Ersatzdroge geworden.
«Ich mag mich gar nicht bewegen», sagte der Mann nach kurzem Zögern. «Ich bin so müde.»
«Das habe ich ja noch nie erlebt», stiess Peterhans zwischen seinen Lippen hervor und knabberte weiter an seinem Zahnstocher. «Ein Einbrecher, der am Tatort einfach eine kleine Pause einlegt, weil er müde ist! Müller, leg dem Typen mal den Armschmuck an!»
Der angesprochene Müller, ein junger und offensichtlich unerfahrener Beamter, räusperte sich irritiert. «Armschmuck?»
«Na, die Handfesseln natürlich!» Peterhans biss so heftig auf seinen Zahnstocher, dass das Holz knackend brach, woraufhin er umgehend nach einem neuen Zahnstocher kramte.
«Ja, sofort», sagte Müller und schob ein kleinlautes «Tschuldigung» hinterher.
Als die Handfesseln angelegt waren, kniete sich Peterhans nieder. Ein erneutes Knacken ertönte, doch dieses Mal waren es die Knie des Inspektors und nicht der Zahnstocher. Nach einem kurzen Ächzen griff er nach der Schulter des Mannes und schüttelte sie.
«Zieh deine Kapuze runter, damit wir dein Gesicht sehen können.»
Als der Mann tat, was ihm befohlen wurde, und sein Antlitz offenbarte, reagierte Inspektor Peterhans ziemlich verblüfft.
«Das gibt’s doch nicht! Du bist Ruben Tanner, oder?»
«Ja», gab der Mann nach einem kurzen Zögern zurück.
«Dass ich das noch erleben darf», rief Peterhans aus und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. «Weisst du, wie lange wir schon hinter dir her sind?»
«Ich kann es mir denken.»
«Du bist bei uns ganz oben auf der Fahndungsliste! Und jetzt kommen wir hier an, und du hast schon auf uns gewartet.»
«Ich habe nicht auf euch gewartet», erwiderte Ruben Tanner mürrisch. «Ich brauchte einfach ein paar Minuten, um mich zu erholen.»
«Erholen? Du bist doch nicht in einem Wellness-Hotel. Du bist in ein Juweliergeschäft eingebrochen. Und ich brauche dir wohl nicht zu erklären, dass so ein Einbruch der falsche Moment ist, um ein wenig auszuruhen.» Peterhans nahm seinen Zahnstocher aus dem Mund und bewegte ihn in eleganten Figuren durch die Luft, fast wie ein Dirigent seinen Taktstock.
«Ich weiss.»
«Ruben Tanner… Ich kann es noch immer nicht fassen. Na los, erzähl uns mal, was passiert ist. Du hast versucht, diesen Tresor zu knacken?»
«Ja. Und ich habe bisher noch jeden Tresor aufbrechen können», beteuerte Tanner. «Aber das da ist kein normaler Tresor. Das ist ein Teufelsding!»
«Ach ja?» Der Inspektor schob sich den Zahnstocher wieder zwischen die Lippen.
«Ja», sagte Tanner nach einem entnervten Stöhnen. «Ich habe mich intensiv vorbereitet. Das muss sein, sonst kannst du so ein Ding gleich vergessen. Ich habe mir die Baupläne verschafft und wusste, dass ich über die Lüftungsanlage in die Verkaufsräumlichkeiten komme. Die Tür zum Hinterzimmer war dann etwas heikel, aber ich habe es geschafft, ohne die Alarmanlage auszulösen. Hier drin angekommen, war ich noch voller Zuversicht. Dann kam der grosse Dämpfer.»
«Welcher denn?» fragte Inspektor Peterhans ehrlich interessiert.
«Ich sah, was für ein Tresor es war», fuhr Ruben Tanner fort. «Ein WALDIS Tresor. Ich hatte zuvor noch nie mit einem zu tun. Aber ich habe von den WALDIS Tresoren gehört. Ich habe sehr viel gehört. Aber nichts Gutes. Jedenfalls nicht für unsere Branche. Sie haben den Ruf, unknackbar zu sein.»
«Aber du hast es dennoch versucht?» wollte Peterhans wissen.
«Natürlich habe ich es versucht! So schnell gebe ich sicher nicht auf. Ausserdem mag ich Herausforderungen. Einen WALDIS Tresor zu bezwingen – das wäre was gewesen.»
«Daraus wurde ja jetzt nichts.»
«Nein. Ganz und gar nicht.» Tanners Gesichtszüge entgleisten in Zeitlupe. Nach einem tiefen Seufzer schilderte er seine unermüdlichen Bemühungen.
«Zunächst bin ich wie üblich vorgegangen. Habe versucht, das Zahlenschloss zu knacken. Ich habe da so meine Hilfsmittel. Aber die haben mich allesamt im Stich gelassen. Keine Chance! Null, nix, nada! Dann habe ich den guten alten Gasbrenner angeworfen, aber alles, was ich damit erreicht habe, ist es, mir eine Brandwunde zu holen. Sehen Sie mal!»
«Och, du hast mein ganzes Mitleid», sagte Inspektor Peterhans schnippisch, nachdem er einen kurzen Blick auf die kleine Wunde am Handgelenk von Tanner geworfen hat.
«Dieser Tresor… Dieser Tresor hat mich an den Rand des Wahnsinns gebracht. Trennscheibe, Druckluft, Sprengstoff, Elektromeissel, ich habe alles versucht, doch ich bin jedes Mal gescheitert. Sogar mit der Brechstange bin ich auf das Ding losgegangen! Und mit dem Vorschlaghammer! Es hat alles nichts genützt.»
«Und dann?» fragte Peterhans höhnisch. «Hast du gedacht, du machst eine kleine Pause?»
«Ich konnte einfach nicht mehr.»
«Vielleicht solltest du den Beruf wechseln. Tresorknacker scheint doch nicht deine Bestimmung zu sein», witzelte Inspektor Peterhans.
«Ich weiss, dass ich ein guter Tresorknacker bin, ein sehr guter sogar», entgegnete Ruben Tanner trotzig. «Aber ich muss wohl einsehen, dass die WALDIS Tresore ihrem Ruf absolut gerecht werden.»
***
Felix Wunderlich war vom Anruf der Polizei ziemlich unsanft aus dem Schlaf gerissen worden. Er hatte immer gewusst, dass ein Einbruch in sein Geschäft jederzeit möglich war. Dass es nun tatsächlich geschehen war, hatte ihn dennoch vollkommen unvorbereitet erwischt. Hastig hatte er sich angekleidet, nur kurz die Zähne geputzt und war umgehend in die Innenstadt gefahren.
Nachdem er am Tatort eingetroffen war, liess er sich von Inspektor Peterhans die Ereignisse schildern. Mit jedem Detail, das der Zahnstocher kauende Polizist ihm erzählte, begann sich die Stimmung von Felix Wunderlich aufzuhellen wie der allmählich erwachende Tag. Das mulmige Gefühl wegen des Einbruchs wich immer mehr der Erleichterung, dass ausser ein paar oberflächlichen Schäden nichts Gravierendes geschehen war. Und irgendwie war er ein wenig stolz, dass einer der meistgesuchten Einbrecher ausgerechnet in seinem Juweliergeschäft gefasst werden konnte.
Während Felix Wunderlich den Beamten nachschaute, die Ruben Tanner ziemlich unsanft in den Einsatzwagen vor dem Haus bugsierten, dachte er über seinen WALDIS Tresor nach und darüber, wie wertvoll es ist, auf Qualität und Wertarbeit zu setzen. Schon bei der Beratung hatte er ein gutes Gefühl gehabt. Das Sicherheitskonzept hatte ihn überzeugt, ebenso die langjährige Erfahrung und die durchdachte Planung. Bei der Montage des Tresors war er richtig aufgeregt gewesen. Und seither hatte er keine Minute lang daran gezweifelt, dass seine Schmuckstücke im WALDIS Tresor bestens aufgehoben waren. Und nichts hätte dies besser unter Beweis stellen können als die tiefe Erschöpfung von Ruben Tanner.
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